Daß eine Gewerkschaft mit aller Kraft gegen das Streikrecht kämpft, das gibt es vielleicht nur in Deutschland. Der DBB Beamtenbund und Tarifunion hat nun den Generalangriff angetreten gegen Bestrebungen in der Rechtsprechung, beamteten Lehrern das Streiken zu erlauben oder sie zumindest nicht dafür zu bestrafen. Er hat bei dem früheren Bundesverfassungsrichter Udo Di Fabio zu diesem Zweck ein Gutachten in Auftrag gegeben, das letzte Woche vorgestellt wurde. Der DBB verfolgt zwei Zwecke: Beamte einzuschüchtern, die mit dem Gedanken spielen, einem Streikaufruf zu folgen (DBB-Vorsitzender Peter Heesen: „Jeder Beamte weiß nun, was er tunlichst nicht tun …
4. November 2012
16. Februar 2012
Vergleichsbefristung: Ein bittersüßer Sieg
Am 15. Februar 2012 wurde wie angekündigt die von mir vor dem Bundesarbeitsgericht geführte Revision zur Vergleichbefristung verhandelt. Und wir haben, wie ich heute erfahre, gewonnen. Der Siebte Senat entschied nach erfolglos gebliebenem Kampf in den Vorinstanzen durch. Meine Mandantin ist nun unbefristet beim Freistaat Sachsen als Lehrerin beschäftigt. Die Verhandlung war gut besucht, fast alle Zuschauerplätze waren belegt, anscheinend durch eine Gruppe von Betriebsräten auf Exkursion. Den Anwesenden wurde wie in solchen Fällen üblich bereits vor der Sitzung eine Einführung durch einen wissenschaftlichen Mitarbeiter geboten. Darauf hatte ich spekuliert und kam gerade rechtzeitig zur …
19. Oktober 2011
Vergleichsbefristung wird verhandelt
Zur Information der Bundesagentur für Arbeit und aller anderen Interessierten: Über den von mir beim Bundesarbeitsgericht geführten Rechtsstreit zur Vergleichsbefristung nach § 14 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 8 TzBfG wird am Mittwoch, den 15. Februar 2012, 10:30 Uhr, im Sitzungssaal IV, Bundesarbeitsgericht, Hugo-Preuß-Platz 1, 99084 Erfurt, mündlich verhandelt. Über den Streitstoff informiert die frei zugängliche Revisionsbegründung zum Bundesarbeitsgericht vom 26. Februar 2011 – 7 AZR 734/10.
23. September 2011
Strengere Missbrauchskontrolle bei Kettenbefristungen
Die dem Europäischen Gerichtshof vorgelegte, von Schlechtinformierten schon totgeglaubte Rechtssache von Sylvia Jansen gegen das Land Nordrhein-Westfalen wegen der Haushaltsbefristung steht jetzt nach erfolgter mündlicher Verhandlung und gestellten Schlussanträgen kurz vor der Entscheidung. Mich interessierten daran vor allem die Maßstäbe der Missbrauchskontrolle, die an alle Befristungsgründe des § 14 Abs. 1 TzBfG anzulegen sind. Aus den Schlussanträgen geht nun hervor, dass der Generalanwalt die diesbezüglich vom Landesarbeitsgericht Köln aufgestellten Thesen teilt (Niilo Jääskinen, Schlussanträge vom 15. September 2011 – C-313/10): „[37] Insoweit teile ich die Ansicht des vorlegenden Gerichts, die auch von Frau Jansen und …
30. August 2011
Großes Bügeleisen und feine deutsche Konturen
Die FAZ befaßte sich letzten Freitag noch einmal mit der EGMR-Entscheidung vom 21. Juli 2011 (28274/08 – Heinisch-Fall) zum Thema „Strafanzeigen durch Arbeitnehmer“, in Form eines Leitartikels mit der Überschrift „Der Whistleblower-Alarm“. Bereits im Juli hatte ich mich hier im De-legibus-Blog mit zwei frühen juristischen Kommentaren zu der Entscheidung auseinandergesetzt und darauf hingewiesen, daß die darin enthaltene Kritik am EGMR auf einer grundlegenden Unkenntnis der Rechtsprechung des BVerfG und des BAG beruhte (Ohrfeigen, Paukenschläge und arbeitsrechtliche Krawallmacher). Erstaunlich ist, daß die Autorin des FAZ-Beitrags, Caroline Freisfeld, auch einen Monat später nicht weiter ist und sich …
24. Juli 2011
Ohrfeigen, Paukenschläge und arbeitsrechtliche Krawallmacher
Arbeitsrecht EGMR Medienkritik
Das war ja klar! Da stellt der EGMR (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte) eine Menschenrechtsverletzung durch ein Urteil eines deutschen Gerichts fest und gleich wird in den Medien das Versatzstück „Ohrfeige“ hervorgekramt. Es fehlt nur noch die ewige Platitüde vom „Paukenschlag“. Das (mittlerweile aufgelöste) LAG Berlin hatte im Jahr 2006 über die Kündigungsschutzklage der Pflegedienstangestellten Brigitte Heinisch zu entscheiden (7 Sa 1884/05). Heinisch war von ihrem Arbeitgeber fristlos entlassen worden, nachdem sie begonnen hatte, angebliche Mißstände in der Firma zu bekämpfen, zunächst durch einfache Beschwerden, dann durch ein anwaltliches Schreiben an die Geschäftsleitung und schließlich, nachdem …
26. März 2011
Streit um Haushaltsbefristung noch nicht erledigt
Die Befristung eines Arbeitsvertrags ist nach § 14 Abs. 1 S. 1 TzBfG zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund soll nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 TzBfG insbesondere vorliegen, wenn der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird. Dem Landesarbeitsgericht Köln kommt das Verdienst zu, diese Regelung vor dem Hintergrund von § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung im Anhang der Richtline 1999/70/EG als erstes in Frage gestellt zu haben. In dem Rechtsstreit einer …
19. März 2011
Der Anfang vom Ende der unüberprüfbaren Kettenbefristung
Der Europäische Gerichtshof schleift im Befristungsrecht derzeit eine Feste nach der anderen. Mit seiner Entscheidung Deutsche Lufthansa AG könnte er nun auch den Anfang vom Ende der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eingeleitet haben, wonach es für die Wirksamkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich nur auf den zuletzt abgeschlossenen befristeten Arbeitsvertrag ankomme (ständige Rechtsprechung seit BAG, Urteil vom 8. Mai 1985 – 7 AZR 191/84, jurisRdnr. 24—27; zuletzt BAG, Beschluss vom 17. November 2010 – 7 AZR 443/09 [A], jurisRdnr. 14). Die Entscheidung erging auf einen Vorlagebeschluss des Bundesarbeitsgerichts betreffend die Vereinbarkeit einer nationalen Regelung wie § …
28. Februar 2011
Vergleichsbefristung erneut beim Bundesarbeitsgericht
Die bisherige Auslegung der Befristungsgründe nach § 14 Abs. 1 TzBfG durch das Bundesarbeitsgericht wird derzeit, worauf ich bereits vor Kurzem hinwies, stark in Frage gestellt. Das dort geregelte System der Rechtfertigung von Befristungen durch sachliche Gründe muss sich nämlich am Maßstab des § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG messen lassen. Der zuständige 7. Senat des Bundesarbeitsgerichts selbst stellte deshalb im vierten Quartal des Jahres 2010 mit zwei Vorlagebeschlüssen Fragen zur Auslegung dieser Vorschrift an den Europäischen Gerichtshof. Im ersten Beschluss ging es um die Haushaltsbefristung nach § …
7. Februar 2011
Wendung um 360 Grad beim Bundesarbeitsgericht
Das Befristungsrecht befindet sich seit der Entscheidung Adeneler des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2006 in einem Prozess grundlegender Umwälzung (siehe nur EuGH, Urteil vom 4. Juli 2006 – C-212/04 – Adeneler; EuGH, Urteil vom 13. September 2007 – C-307/05 – Del Cerro Alonso; EuGH, Urteil vom 23. April 2009 – C-378/07 – Angelidaki). Maßstab dieser Rechtsprechung ist die Rahmenvereinbarung im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG. Bei der Auslegung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes vom 21. Dezember 2000 durch den dafür zuständigen 7. Senat des Bundesarbeitsgerichts spielte diese Rahmenvereinbarung zunächst keine Rolle. Umso größeres Aufsehen erregten deshalb …
27. November 2010
Historischer Tag für Urheber in Arbeits- oder Dienstverhältnissen
Der 12. Mai 2010 war, wie erst jetzt bekannt wurde, für die Urheber in Arbeits- oder Dienstverhältnissen ein historischer Tag. An diesem Tag gab der Bundesgerichtshof nämlich zum ersten Mal seit dem Inkrafttreten des § 43 UrhG am 1. Januar 1966 einem Beamten in einem Urheberrechtsstreit mit seinem Dienstherrn Recht. Insgesamt handelt es sich erst um die dritte Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu dieser Vorschrift. Mit Rücksicht auf die beiden noch dazu ergangenen Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts dauert es durchschnittlich 8,8 Jahre, bis sich einmal ein oberstes Bundesgericht zu diesem Rechtsgebiet äußert: BGH, Urteil vom 22. Februar …
7. September 2010
Sarrazin und die Sache mit dem Arbeitsrecht
Es ist erstaunlich, welchen Dreh die Medienberichterstattung zum Fall Sarrazin bekommt, soweit es einmal um juristische Fragen geht. Dann ist vom Arbeitsrecht die Rede und einem möglichen Gang Sarrazins vor die Arbeitsgerichte, sollte der Bundespräsident ihn aus dem Bundesbankvorstand entlassen. Eins ist klar: Zu einem Gang vor die Arbeitsgerichte wird es nicht kommen. Wenn überhaupt, wird Sarrazin Rechtsschutz vor den Verwaltungsgerichten suchen, denn nur diese sind für ihn zuständig. Sarrazin ist kein Arbeitnehmer, sondern steht in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis (§ 7 Abs. 4 Satz 1 BBankG). Und materiell-rechtlich gelten für dieses eigene Regeln. Woran liegt …