De legibus-Blog

27. November 2010

Historischer Tag für Urheber in Arbeits- oder Dienstverhältnissen

Thomas Fuchs

Der 12. Mai 2010 war, wie erst jetzt bekannt wurde, für die Urheber in Arbeits- oder Dienstverhältnissen ein historischer Tag. An diesem Tag gab der Bundesgerichtshof nämlich zum ersten Mal seit dem Inkrafttreten des § 43 UrhG am 1. Januar 1966 einem Beamten in einem Urheberrechtsstreit mit seinem Dienstherrn Recht. Insgesamt handelt es sich erst um die dritte Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu dieser Vorschrift. Mit Rücksicht auf die beiden noch dazu ergangenen Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts dauert es durchschnittlich 8,8 Jahre, bis sich einmal ein oberstes Bundesgericht zu diesem Rechtsgebiet äußert:

  • BGH, Urteil vom 22. Februar 1974 – I ZR 128/72 – Hummelbilder
  • BAG, Urteil vom 13. September 1983 – 3 AZR 371/81 – Statikprogramme
  • BGH, Urteil vom 27. September 1990 – I ZR 244/88 – Grabungsmaterialien
  • BAG, Urteil vom 12. März 1997 – 5 AZR 669/95 – Schaufensterdekoration
  • BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 – I ZR 209/07 – Lärmschutzwand

In den nächsten 8,8 Jahren wäre dann das bislang eigentlich unzuständige, seit dem 1. Juli 2002 beziehungsweise dem 1. Januar 2008 aber für die §§ 32, 32a, 32c, 43 UrhG eingeschränkt zuständige Bundesarbeitsgericht wieder am Zug. Dann finden womöglich auch meine auf Arbeitnehmer zugeschnittenen Thesen (Thomas Fuchs, Arbeitnehmer-Urhebervertragsrecht, Baden-Baden, 2005; Thomas Fuchs, Der Arbeitnehmerurheber im System des § 43 UrhG, GRUR 2006, 561–565; Thomas Fuchs in Klaus Hümmerich†/Winfried Boecken/Franz Josef Düwell, AnwaltKommentar Arbeitsrecht, Bonn, 2. Auflage 2009, UrhG §§ 31, 32, 32a, 40, 43, 69b) Anwendung.

Leider scheint die angesprochene geringe Entscheidungsfrequenz auch auf den Zeitablauf im Einzelverfahren, jedenfalls im jüngsten Fall, abzufärben. Die am 12. Mai 2010 verkündete Entscheidung wurde nämlich erst am 24. November 2010 amtlich veröffentlicht. Es erscheint mir deshalb als unwahrscheinlich, dass sie innerhalb von fünf Monaten, also bis zum 12. Oktober 2010, schriftlich niedergelegt, von den Richtern des I. Zivilsenats besonders unterschrieben und der Geschäftsstelle übergeben wurde. So begrüßenswert die Entscheidung im Ergebnis auch ist, würde sie dann doch an einem wesentlichen Verfahrensmangel (GmS-OGB, Beschluss vom 27. April 1993 – GmS-OGB 1/92) leiden, der gerade beim chronisch überlasteten I. Zivilsenat immer häufiger aufzutreten scheint.

Zitiervorschlag für diesen Beitrag:
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