De legibus-Blog

28. Februar 2011

Vergleichsbefristung erneut beim Bundesarbeitsgericht

Thomas Fuchs

Die bisherige Auslegung der Befristungsgründe nach § 14 Abs. 1 TzBfG durch das Bundesarbeitsgericht wird derzeit, worauf ich bereits vor Kurzem hinwies, stark in Frage gestellt. Das dort geregelte System der Rechtfertigung von Befristungen durch sachliche Gründe muss sich nämlich am Maßstab des § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG messen lassen. Der zuständige 7. Senat des Bundesarbeitsgerichts selbst stellte deshalb im vierten Quartal des Jahres 2010 mit zwei Vorlagebeschlüssen Fragen zur Auslegung dieser Vorschrift an den Europäischen Gerichtshof. Im ersten Beschluss ging es um die Haushaltsbefristung nach § …

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27. Februar 2011

Übergabeprotokoll an die Strafverfolgungsbehörde

Oliver García

Von: Email DirectBox <mahnung@email-directbox.com> Betreff: Übergabeprotokoll an die Strafverfolgungsbehörde März 2011 Sehr geehrter Kunde, da bis heute immer noch KEIN Zahlungseingang von Ihnen erfolgt ist, möchten wir Sie nochmals ausdrücklich daran erinnern, Ihren Zahlungsrückstand auszugleichen. Allein somit können Sie sämtlichen gerichtlichen Konsequenzen und Bonitätsverschlechterungen aus dem Weg gehen! Die Strafanzeige wird am 07.03.2011 von uns in Auftrag gegeben. An: Staatsanwaltschaft München I <poststelle@sta-m2.bayern.de> Betreff: Übergabeprotokoll an die Strafverfolgungsbehörde März 2011 Sehr geehrte Damen und Herren, anbei leite ich Ihnen eine E-Mail weiter, bei der es sich offensichtlich um einen Betrugsversuch gegenüber wahllos ausgewählten (wahrscheinlich hunderttausenden) …

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24. Februar 2011

Veni, vidi, vici

Thomas Fuchs

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs verhandelte und entschied heute über einen von mir durch die Instanzen begleiteten Baurechtsfall. Ich habe an der mündlichen Verhandlung als Vertreter der klagenden Bauherrin gegenüber dem von uns eingeschalteten Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof Dr. Wendt Nassall teilgenommen. Der beklagte Architekt wurde von Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof Prof. Dr. Norbert Gross vertreten. Äußerlich bot der Gang der mündlichen Verhandlung für mich zunächst einige Überraschungen. Die Rechtsanwälte beim Bundesgerichtshof bleiben nach dem Einzug des Senats nämlich stehen, um nach Aufnahme der Anwesenheit durch den Vorsitzenden gemäß § 137 Abs. 1 ZPO sogleich die Anträge …

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21. Februar 2011

Rechtszweifel wegen akademischen Grads und Adelsbezeichnung?

Thomas Fuchs

Der wegen Plagiatsvorwürfen in der Kritik stehende „Dr.“ Karl Theodor […] „Freiherr von und zu“ Guttenberg stammt aus einer ehemals adeligen Familie und ist Mitglied der Christlich-Sozialen Union (CSU) in Bayern. Er leistete Wehrdienst und verwaltete das – vermutlich nicht im Schweiße des eigenen Angesichts erworbene – Familienvermögen. Im Jahr 2009 wurde er dann mit 37 Jahren erst Bundesminister für Wirtschaft und Technologie und kurz darauf Bundesminister der Verteidigung. Wegen besonderer Leistungen trat er bislag nicht hervor. Weshalb also ist er bei den Bildzeitungslesern so populär und weshalb steht er wegen zitatlosen Abschreibens vor allem …

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19. Februar 2011

Innocence not in danger: Guttenberg ist kein Raubkopierer

Thomas Fuchs

Wegen abgeschriebenen Doktorarbeiten kam es schon zu Strafverfahren, zum Beispiel im Fall „Kasper„. Auch im Fall „Guttenberg“ liegt, wie der Leitende Oberstaatsanwalt Thomas Janovsky von der Staatsanwaltschaft Bayreuth bestätigte und wie es in Deutschland nicht anders zu erwarten ist, bereits eine Strafanzeige vor. Angesichts des hier bestehenden besonderen öffentlichen Interesses wäre für die Durchführung des Verfahrens nicht einmal ein Strafantrag nach § 109 UrhG erforderlich. Unabhängig davon, ob die Vorwürfe gegen Herrn zu Guttenberg nun zutreffen, die betreffenden Passagen Schöpfungshöhe aufweisen und er bei einem Abschreiben derselben vorsätzlich handelte oder nicht, wird man ihn aber …

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18. Februar 2011

Guttenberg – der ganze Mann eine Fälschung?

Oliver García

Als ich vorgestern die ersten Meldungen von den Plagiatsvorwürfen gegen zu Guttenberg gelesen und mir auch die Dissertationsrezension, die den Rummel ausgelöst hat, angesehen hatte, war mein erster Gedanke: Gut, den Doktortitel wird er wohl aberkannt bekommen, aber Minister darf er wegen seines politischen Talents bleiben. Ich hatte und habe keine politische Meinung zu zu Guttenberg. Inmitten all den anderen politischen Gestalten ist er ja eine interessante Erscheinung. Nur etwas zu gegelt ist er mir und zu aufdringlich der Medienrummel, der um ihn veranstaltet wird. Daß ihm schon aufgrund der Vorwürfe in der Rezension der …

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13. Februar 2011

Nachträgliche Sicherungsverwahrung – Der rehabilitierte Justizminister?

Oliver García

Ich war kürzlich an dieser Stelle böse zum niedersächsischen Justizminister. Unter anderem habe ich geschrieben: „Der Justizminister scheint demgegenüber in seinen Fehlvorstellungen so etwas wie einen Machtkampf zwischen dem BVerfG und dem EGMR beschwören zu wollen. Dann hätte er aber etwas in den falschen Hals bekommen: Der Fall ist von vornherein nicht vergleichbar mit dem potentiellen Konflikt zwischen dem BVerfG und dem EuGH [..].“ Möglicherweise habe ich ihm insoweit unrecht getan. Denn jedenfalls in der Darstellung von bestimmten Pressemeldungen scheint der Präsident des BVerfG in der mündlichen Verhandlung vor dem 2. Senat des BVerfG am …

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12. Februar 2011

Paukenschlag aus Bad Salzungen – rechtsmethodischer Beitrag von Burschel

Thomas Fuchs

Hans-Otto Burschel, Direktor des Amtsgerichts Bad Salzungen, steht im Verdacht, früher nicht Recht im Namen des Volkes, sondern im Namen des Volkers gesprochen zu haben. Auch seit seiner Aufnahme als Experte im (fortschrittlich-stylisch klein geschriebenen) beck-blog fiel er insgesamt eher durch Klamauk auf. In seinem Beitrag zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung bei der Berechnung des nachehelichen Unterhalts (BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2011 – 1 BvR 918/10, bei lexetius.com ohne die vielen Tippfehler) scheint nun sogar so etwas wie rechtsmethodisches Interesse durch. Dass sich methodisch durchdrungenes Recht und täglich gelebte Rechtspraxis …

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10. Februar 2011

Kodifikationsrecht gegen Common Law

Thomas Fuchs

Die Law Society of England and Wales provozierte am 20. März 2008 mit der Broschüre „England and Wales: The jurisdiction of choice“ inzwischen bereits zwei konzertierte Reaktionen der Bundesnotarkammer, der Bundesrechtsanwaltskammer, des Deutschen Anwaltvereins, des Deutschen Notarvereins und des Deutschen Richterbunds. Diese gaben nämlich am 11. November 2008 die Broschüre „Law – Made in Germany. Global, effektiv, kostengünstig“ und am 7. Februar 2011 die Broschüre „Kontinentales Recht. Global, sicher, flexibel, kostengünstig“ heraus. Damit soll der Entwicklung entgegen gewirkt werden, dass kontinental-europäische Unternehmen nicht nur für internationale Vertragsverhältnisse, sondern immer öfter auch für rein nationale das …

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7. Februar 2011

Wendung um 360 Grad beim Bundesarbeitsgericht

Thomas Fuchs

Das Befristungsrecht befindet sich seit der Entscheidung Adeneler des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2006 in einem Prozess grundlegender Umwälzung (siehe nur EuGH, Urteil vom 4. Juli 2006 – C-212/04 – Adeneler; EuGH, Urteil vom 13. September 2007 – C-307/05 – Del Cerro Alonso; EuGH, Urteil vom 23. April 2009 – C-378/07 – Angelidaki). Maßstab dieser Rechtsprechung ist die Rahmenvereinbarung im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG. Bei der Auslegung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes vom 21. Dezember 2000 durch den dafür zuständigen 7. Senat des Bundesarbeitsgerichts spielte diese Rahmenvereinbarung zunächst keine Rolle. Umso größeres Aufsehen erregten deshalb …

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4. Februar 2011

Was vom Sommer unseres Lebens übrig blieb

Oliver García

Wenn man eine Rangliste der meistdiskutierten Gerichtsentscheidungen des letzten Jahres aufstellen würde, wäre das WLAN-Urteil des BGH vom 12.05.2010 (I ZR 121/08), von diesem mit dem Titel „Sommer unseres Lebens“ versehen, sicherlich weit vorne mit dabei. Unter den 550.000 bei dejure.org verzeichneten Entscheidungen ist sie sogar diejenige, zu der mit Abstand die meisten Nachweise vorhanden sind (siehe vorstehenden Link). Hier mag allerdings eine gewisse Verzerrung hineinspielen, ist es doch nach wie vor so, daß sich „das Internet“, auch das juristische, überproportional für „Internetthemen“ interessiert. In dieser Woche sind zwei Entscheidungen veröffentlicht worden, die, jede auf …

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