Als zugereister, aber gleichwohl (gesetzes-) treuer Baden-Württemberger überließ ich der Badischen Landesbibliothek mit Postsendung vom 29. April 2012 eine Ausgabe meines neuen Nachschlagewerks „Fundstellen deutscher Reichs- und Bundesgesetze. 1867—2011„. Die Ablieferungspflicht nach § 1 Abs. 1 S. 1 des Pflichtexemplargesetzes vom 3. März 1976 (GBl. 1976 S. 216) erfüllte ich dabei in der festen Erwartung, nach § 1 Abs. 1 S. 2, Abs. 5 des Gesetzes in den Genuss einer Entschädigung zu kommen:
„Auch für das erste Exemplar ist auf Antrag eine Entschädigung bis zur Höhe des halben Ladenpreises zu gewähren, wenn die unentgeltliche Ablieferung insbesondere wegen der niedrigen Auflage oder der hohen Kosten des Druckwerks dem Verleger oder Drucker nicht zugemutet werden kann.“
Weitere Anforderungen bestehen nicht. Soweit das Wissenschaftsministerium nach § 3 des Gesetzes ermächtigt wird, durch Rechtsverordnung Bestimmungen zu erlassen, betreffen diese nicht Grund und Höhe der Entschädigung. § 2 Abs. 3 S. 1 der Pflichtexemplarverordnung vom 26. März 1976 (GBl. 1976 S. 447) bestimmt deshalb auch nur Folgendes:
„Hält der Ablieferungspflichtige die unentgeltliche Abgabe des ersten Exemplars eines bestimmten Werkes für unzumutbar, so kann er die Gewährung einer Vergütung nach § 1 Abs. 5 des Gesetzes bei der für seinen Bezirk zuständigen Landesbibliothek beantragen. Der Antrag soll begründet und innerhalb der Frist des [§ 2 Abs. 1 der Verordnung] gestellt werden.“
Das habe ich mit Schreiben vom 29. April 2012 getan. Ausgehend vom Ladenpreis meines Werkes von 495,95 € freute ich mich schon auf ein kleines Zubrot. Die Badische Landesbibliothek antwortete nun mit Schreiben vom 4. Mai 2012, dass es so nicht ginge. Folgende Anforderungen seien zu erfüllen:
- Die unentgeltliche Ablieferung könne dem Verleger oder Drucker insbesondere wegen der niedrigen Auflage und der hohen Kosten des Druckwerks nicht zugemutet werden.
- Für die Festsetzung der Entschädigung orientiere sich die Badische Landesbibliothek mit Zustimmung des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst Baden-Württemberg an der Verfahrensweise der Deutschen Bibliothek in Frankfurt am Main.
- Berechnungsgrundlage seien danach die Herstellungskosten zuzüglich 40 % hiervon als Gemeinkostenpauschale. Zu den Herstellungskosten gehörten Aufwendungen für Satz, Papier, Druck, Einband und Autorenhonorare.
- Die Entschädigung betrage bei einer Auflage bis zu 300 Exemplaren 100 % der Berechnungsgrundlage, bei einer Auflage von 301 bis 500 Exemplaren 80 % der Berechnungsgrundlage, jedoch höchstens bis zur Hälfte des Laden- beziehungsweise Verkaufspreises.
Mit Gesetzesvollzug hat das nichts mehr zu tun. Es ist reine Willkür. Und das prangere ich hiermit an.