Der Stuttgarter Regierungspräsident Schmalzl wird also nicht neuer Generalbundesanwalt. Wie es scheint, hat sich der von der Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) nominierte und vom Bundeskabinett bereits durchgewunkene Kandidat zuletzt selbst ein Bein gestellt. Nachdem es zunächst so aussah, als ob die Ablehnungsfront im Bundesrat nicht halten würde, ist die Stimmung gekippt, als der Inhalt einer Stänker-E-Mail bekannt wurde, die der Kandidat seinem größten Kritiker, dem brandenburgischen Generalstaatsanwalt, geschrieben hatte. Der „von meinem iPhone gesendet[e]“ Text (merke: das iPhone kann Karrieren zerstören) war wenig staatstragend und scheint zu bestätigen, daß Schmalzls Kompetenz in noch tiefgreifenderer Weise zweifelhaft war als bisher diskutiert.
Aber auch nach der Zurückziehung seiner Kandidatur fällt Schmalzl durch Äußerungen auf. Zum Focus sagte er: „Ich hätte meinem Land gern gedient.“ Allein diese Formulierung läßt auf mehreren Ebenen aufhorchen. Will Schmalz durch besonders staatsmännische Pose seinen Ausrutscher ausgleichen? Ist er in den letzten Wochen schon in die Rolle des „Generals“ gedanklich hineingeschlüpft? Und überhaupt: Offenbar ist er der Meinung, daß er in seiner Stellung als Regierungspräsident nicht „seinem Land dient“. Aber wie auch? Der baden-württembergische Spitzenbeamte ist Bayer.
Der SPIEGEL berichtet, die Benennung des FDP-Mannes Schmalzl durch die Bundesregierung sei Teil eines Tauschhandels gewesen. Im Gegenzug habe die FDP die Wahl des CDU-Mannes Mellinghoff zum neuen Präsidenten des Bundesfinanzhofs unterstützt. Daß die Bundesjustizministerin gerne einen FDP-Parteifreund im Amt des Generalbundesanwalts installiert hätte, ist nicht weiter der Rede wert. Interessanter ist in diesem Zusammenhang schon das für dieses Amt ungewöhnliche Alter des Kandidaten. Schmalzl ist Mitte Vierzig und wäre damit mit Abstand der jüngste Leiter der Anklagebehörde geworden. Er hätte über 20 Jahre lang dem Amt seinen Stempel aufdrücken können, also in eine Zeit hinein, in der voraussichtlich die Jüngeren gar nicht mehr wissen werden, daß es einmal eine Partei namens FDP gegeben hat. Die Ernennung Schmalzls wäre das Vermächtnis der FDP gewesen, in ihm hätte sie weitergelebt.
Natürlich hätte er von zukünftigen Regierungen abberufen werden können. Der Generalbundesanwalt ist politischer Beamter (§ 54 Abs. 1 Nr. 5 BBG) – im Unterschied zu den Generalstaatsanwälten in nunmehr allen deutschen Ländern (vgl. § 30 Abs. 1 BeamtStG). Von dieser Möglichkeit im grellen Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit Gebrauch zu machen, hätte allerdings schon ein auffälliges – tatsächliches oder vermeintliches – Fehlverhalten im Amt vorausgesetzt (vgl. aus dem Jahr 2000 den Fall Pofalla in Nordrhein-Westfalen). Wahrscheinlicher ist schon, daß er im Bedarfsfalle hinauskomplimentiert worden wäre in ein Richteramt bei einem obersten Bundesgericht, dem Bundesverfassungsgericht oder dem EuGH. Auch so wäre die Nachlaßregelung der FDP aufgegangen.