Dr. Peter Ramsauer, Mitglied der Christlich-Sozialen Union in Bayern und derzeit noch Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, meint, auf den von Verkehrsrowdys beherrschten deutschen Straßen müsse etwas geschehen, damit die CSU bei den Wahlen 2013 gut abschneidet. Die Flensburger Verkehrssünderkartei sei zu reformieren. 30.000 Menschen, die sich an einem von seinem Ministerium veranstalteten Diskussionsforum im Internet beteiligt hätten und uns jetzt anscheinend repräsentieren, wollten es so. „Bemerkenswert ist das gesunde Rechtsempfinden vieler Bürger„, sagte Ramsauer. Gesundes Rechtsempfinden?! Es ist unglaublich, aber das scheint er wirklich gesagt zu haben. Wir erinnern uns an das Gesetz …
28. Mai 2012
7. Mai 2012
Ich prangere an
Als zugereister, aber gleichwohl (gesetzes-) treuer Baden-Württemberger überließ ich der Badischen Landesbibliothek mit Postsendung vom 29. April 2012 eine Ausgabe meines neuen Nachschlagewerks „Fundstellen deutscher Reichs- und Bundesgesetze. 1867—2011„. Die Ablieferungspflicht nach § 1 Abs. 1 S. 1 des Pflichtexemplargesetzes vom 3. März 1976 (GBl. 1976 S. 216) erfüllte ich dabei in der festen Erwartung, nach § 1 Abs. 1 S. 2, Abs. 5 des Gesetzes in den Genuss einer Entschädigung zu kommen: „Auch für das erste Exemplar ist auf Antrag eine Entschädigung bis zur Höhe des halben Ladenpreises zu gewähren, wenn die unentgeltliche Ablieferung …
22. April 2012
Nachschlagewerk „Fundstellen deutscher Reichs- und Bundesgesetze. 1867—2011“ erschienen
Als Jurist muss man nicht alles wissen, sondern nur, wo es steht. Das ist bei Gesetzen, die für den Rechtsanwender erste Erkenntnisquelle sind, inzwischen nicht mehr einfach. Den einen Text eines Gesetzes gibt es meistens nicht, denn die zunehmend um sich greifenden Änderungen des Gesetzgebers führen zu einer immer stärkeren Fragmentierung des gesamten Gesetzesbestandes (siehe das nebenstehende Diagramm). Defragmentierungen in Form konsolidierter Fassungen leiden regelmäßig an einem Mangel: Sie sind auf Aktualität getrimmt und lassen dadurch den Faktor Zeit außer Acht. Die vom Bundesministerium der Justiz öffentlich bereit gestellten Konsolidierungen halte ich für besonders untauglich, …
28. Dezember 2011
Gesetzgeberische Optimierungen bei der Geldwäsche
Gesetzgebung Medienkritik Strafrecht
Das verhältnismäßig junge und gerade einmal 17 – beziehungsweise ab morgen 18 – Paragrafen umfassende Geldwäschegesetz vom 13. August 2008 (BGBl. I 2008 S. 1690—1707) wurde dieses Jahr durch ganze vier Änderungsgesetze von vorn nach hinten umgepflügt, nämlich durch das Gesetz zur Umsetzung der Zweiten E-Geld-Richtlinie vom 1. März 2011 (BGBl. I 2011 S. 288—313), das so genannte OGAW-IV-Umsetzungsgesetz 22. Juni 2011 (BGBl. I 2011 S. 1126—1174), das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2010/78/EU vom 24. November 2010 im Hinblick auf die Errichtung des Europäischen Finanzaufsichtssystems vom 4. Dezember 2011 (BGBl. I 2011 S. 2427—2440) …
30. Oktober 2011
Neue Rechtsnormkategorie: Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften mit Außenwirkung
Dem Bundesgesetzgeber ist inzwischen nichts mehr heilig. Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften wurden bislang mangels Außenwirkung nicht als Rechtsnormen angesehen. Damit ist es, ohne dass es außer uns jemandem aufgefallen wäre, seit dem Jahressteuergesetz 2010 (JStG 2010) vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I 2010 S. 1768—1803) vorbei. § 22a Abs. 1 S. 1 EStG erhielt durch die Artt. 1 Nr. 18 Buchst. a Doppelbuchst. aa, 32 Abs. 1 JStG 2010 mit Wirkung zum 14. Dezember 2010 nämlich folgenden Regelungsgehalt (Unwesentliches zum besseren Verständnis verkürzt und ersetzt wiedergegeben): Bestimmte Mitteilungspflichtige haben der Zentralen Zulagenstelle für Altersvermögen bis zum 1. …
22. Mai 2011
Baugesetzbuch in historisch-synoptischer Edition erschienen
Seit gestern liegt nun auf 926 Seiten auch das „Baugesetzbuch (BauGB) vom 23. Juni 1960. Historisch-synoptische Edition. 1960—2011″ vor. Der Titel des Werks enthält eine kleine Provokation, denn am 23. Juni 1960 wurde nicht das „Baugesetzbuch“, sondern das „Bundesbaugesetz“ erlassen (BGBl. I 1960 S. 341—388). In der Rechtsprechung ist deshalb auch vom „früheren Bundesbaugesetz“ und vom „heutigen Baugesetzbuch“ die Rede (BGH, Urteil vom 11. Mai 2010 – IX ZR 127/09, jurisRdnr. 12). Dabei handelt es sich aber um ein und dasselbe Gesetz, das lediglich durch das Gesetz über das Baugesetzbuch vom 8. Dezember 1986 (BGBl. …
15. Mai 2011
140 Jahre Strafgesetzbuch. Requiem für ein Langzeitexperiment
Heute vor 140 Jahren, am 15. Mai 1871, wurde das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich vom 15. Mai 1871 (RGBl. 1871 S. 128—203) verkündet. Seitdem wurde es durch 259 Gesetze mit 1899 Änderungsbefehlen geändert, wodurch 62757 alte Wörter entfernt und 74234 neue Wörter hinzugefügt wurden (siehe die Diagramme unten). Der ursprüngliche Text wurde dadurch im Lauf der Zeit bis zur Unkenntlichkeit umgestaltet. Der stärkste Eingriff erfolgte jeweils mit Wirkung zum 1. Januar 1975 durch das Zweite Gesetz zur Reform des Strafrechts (2. StrRG) vom 4. Juli 1969 (BGBl. I 1969 S. 717—742) und das Einführungsgesetz …
1. Mai 2011
Nochmal der Bund, nochmal die Hooligans
BVerwG Föderalismus Gesetzgebung Polizei
Es gibt auf dejure.org eine neue Funktion: „Wird zitiert von“ (siehe hierzu schon den Blog-Beitrag „Juris im Spiegel des SPIEGEL„). Auf allen Rechtsprechungsseiten werden seit einiger Zeit nicht nur die Informationen zu der Entscheidung, die man aufgerufen hat, angezeigt, sondern auch alle diejenigen Entscheidungen, die sie später zitiert haben. Ich habe im Rahmen von Tests dieser Funktion nun einmal nachgeschaut, ob es neuere Rechtsprechung gibt zu einem BVerwG-Urteil, zu dem ich letztes Jahr unter dem Titel „Der Bund und die Hooligans“ eine Besprechung veröffentlicht habe (siehe auch den gleichnamigen Beitrag hier im Blog). Zu dieser …
25. März 2011
Raubtierföderalismus am Beispiel der Kindergärten
Gegenwärtig wird im Bundestag ein Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP beraten, das eine – so der Titel – „Privilegierung des von Kindertageseinrichtungen und Kinderspielplätzen ausgehenden Kinderlärms“ zum Ziel hat (BT-Drs. 17/4836; inhaltsgleich ein Gesetzentwurf der Bundesregierung: BR-Drs. 128/11). Das Gesetzesvorhaben ist übersichtlich: Sein einziger Inhalt ist die Einfügung eines Absatzes 1a in § 22 BImSchG: (1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden. Der Pressedienst des Bundestages …
10. Februar 2011
Kodifikationsrecht gegen Common Law
Die Law Society of England and Wales provozierte am 20. März 2008 mit der Broschüre „England and Wales: The jurisdiction of choice“ inzwischen bereits zwei konzertierte Reaktionen der Bundesnotarkammer, der Bundesrechtsanwaltskammer, des Deutschen Anwaltvereins, des Deutschen Notarvereins und des Deutschen Richterbunds. Diese gaben nämlich am 11. November 2008 die Broschüre „Law – Made in Germany. Global, effektiv, kostengünstig“ und am 7. Februar 2011 die Broschüre „Kontinentales Recht. Global, sicher, flexibel, kostengünstig“ heraus. Damit soll der Entwicklung entgegen gewirkt werden, dass kontinental-europäische Unternehmen nicht nur für internationale Vertragsverhältnisse, sondern immer öfter auch für rein nationale das …
5. Dezember 2010
Reichstagsprotokolle online: Eine Fundgrube des Rechts
Wer sich über die Geschichte der Arbeitsgerichtsbarkeit informieren will, findet in den einschlägigen Kommentaren zum Arbeitsgerichtsgesetz (zum Beispiel Claas-Hinrich Germelmann et al., Arbeitsgerichtsgesetz. Kommentar, 7. Auflage 2009; Rudi Müller-Glöge/Ulrich Preis/Ingrid Schmidt, Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 11. Auflage 2011; Klaus Hümmerich†/Winfried Boecken/Franz Josef Düwell, AnwaltKommentar Arbeitsrecht, 2. Auflage 2009) buchstäblich nichts. Bei der Kommentierung der einzelnen Paragrafen werden nicht einmal Bezüge zur ursprünglichen Gesetzesbegründung hergestellt. Ich habe das vor allem anhand der Kommentierung zu § 54 ArbGG über die arbeitsgerichtliche Güteverhandlung festgestellt. Das derzeit geltende Arbeitsgerichtsgesetz vom 3. September 1953 (BGBl. I 1953 S. 1267) geht …
24. November 2010
Bürgerliches Gesetzbuch: Änderungsorgie in Zahlen und Diagrammen
Das Bürgerliche Gesetzbuch vom 18. August 1896 ist inzwischen seit 110 Jahren in Kraft. In der Rechtswissenschaft existiert es, glaubt man der üblichen Konzeption juristischer Kommentare, nur in der „aktuellen“ Fassung. In der Rechtspraxis scheint es immerhin ein „altes“ Bürgerliches Gesetzbuch, das bis zum 31. Dezember 2001 galt, und ein „neues“, das seit dem 1. Januar 2002 gilt, zu geben. Der Umstand, dass es sich bei diesem „Gesetz“ eigentlich um ein Flickwerk aus 243 Gesetzen handelt, ist dabei den Wenigsten bewusst. Das Diagramm zeigt die Verteilung dieser Gesetze über die Jahrzehnte. In den ersten 70 …
11. November 2010
Die Geschichte einer Katastrophe: 114 Jahre bürgerliches Intertemporalrecht
Mein „Bürgerliches Gesetzbuch vom 18. August 1896. Historisch-synoptische Edition. 1896—2010“ und die damit verbundene kritische Betrachtung der Rechtsquellen scheint inzwischen in der Rechtswirklichkeit angekommen zu sein. Einem Kollegen aus Frankfurt am Main fiel im Zusammenhang mit der dort dargestellten Entwicklung des § 495 BGB die merkwürdige Überleitungsvorschrift nach Art. 229 § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EGBGB auf. Diese sieht die Anwendung des § 495 BGB in der Fassung vom 1. August 2002 für Schuldverhältnisse, die nicht durch Haustürgeschäfte zustande kamen, erst ab dem 1. November 2002 vor. Es erscheine deshalb sinnvoll, meine …
28. Juni 2010
Der Bund und die Hooligans
BVerwG Datenschutz Föderalismus Gesetzgebung Polizei
Das Timing war schon mal perfekt: Am 04.06.2010 stimmte der Bundesrat der BKA-Daten-Verordnung zu, am 08.06.2010 wurde sie im Bundesgesetzblatt verkündet (BGBl. 2010 I S. 716) und am 09.06.2010 trat sie in Kraft. Das war der Tag, auf den das BVerwG die Urteilsverkündung terminiert hatte in einem Fall, für den sie dringend gebraucht wurde. Zu der Hooligandatei-Entscheidung des BVerwG (6 C 5.09), von der die Rede ist, habe ich in der „Aufsatz-Abteilung“ von De legibus eine Besprechung veröffentlicht. Obwohl die Entscheidungsgründe noch nicht im Volltext vorliegen, lassen sie sich aufgrund der Pressemitteilung des Gerichts und …