Gerade einmal drei Wochen seit dem Inkrafttreten des Konsumcannabisgesetzes hat der Bundesgerichtshof eine Grundsatzentscheidung getroffen. So glaubt es sein 1. Strafsenat zumindest, der – am letzten Montag – eine Pressemitteilung mit dem markigen Titel „Konsumcannabisgesetz – Bundesgerichtshof setzt Grenzwert der nicht geringen Menge für Tetrahydrocannabinol (THC) auf 7,5 g fest” und gleichzeitig den dazugehörigen Beschluß – 1 StR 106/24 – im Volltext veröffentlichen ließ. Der Beschluß selbst datiert vom 18. April 2024, und das ist die zweite zeitliche Auffälligkeit. Nur vier Tage brauchte der Senat nach der Beschlußfassung für die Fertigstellung der Gründe – rekordverdächtig, …
25. April 2024
Der Bundesgerichtshof hat keinen Grenzwert für THC „festgesetzt”
BGH Gesetzesbindung Richterliche Findigkeit Strafrecht
12. August 2012
In Sachen Bundesgerichtshof ./. Parlamentarische Demokratie
Schon mehrfach ging es in diesem Blog um „richterliche Eigenmacht“. Da war etwa der VI. Senat des BFH, der sich weigerte, eine klare gesetzliche Regelung anzuwenden, weil sie seiner Meinung nach nicht in das Normengefüge des Einkommensteuergesetzes paßte („Wer hält diese Richter auf?“). Oder der VII. Senat des BFH, der eine Verjährungsfrist nicht anwenden wollte, weil sie ihm unangemessen kurz erschien – obwohl der EG-Gesetzgeber sie ausdrücklich als angemessen erachtete (es war das Verdienst des FG Hamburg, durch eine Vorlage an den EuGH verhindert zu haben, daß der BFH damit durchkam: „Ein Dialog zwischen beredt …
1. März 2012
Richterliche Eigenmacht am Bundesgerichtshof
BGH Föderalismus Gesetzesbindung Strafprozess
Kürzlich sorgte der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs mit einem Beschluß für Aufsehen, in dem er sich – mit drei zu zwei Stimmen – für handlungsunfähig erklärte. Er sei wegen Mängeln in seiner personellen Zusammensetzung nicht mehr gesetzlicher Richter (Art. 101 Abs. 2 Satz 2 GG, § 16 Satz 2 GVG). Nachdem die drei Verfechter von „Legitimation durch Verfahren“ vom Präsidium des BGH fürsorglich – manch einer sagte: inquisitorisch – ins Gebet genommen worden waren, sind sie jedoch eingeknickt: Die ausführliche Begründung, warum ein Verstoß gegen den Anspruch auf den gesetzlichen Richter vorlag, war vier Wochen …
18. August 2011
Wer hält diese Richter auf?
BFH Gesetzesbindung Steuerrecht
Sie haben es schon wieder gemacht! Im Mai erst hat der VI. Senat des Bundesfinanzhofs unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Hans-Joachim Kanzler erstmalig die steuerliche Absetzbarkeit von Prozeßkosten bejaht (VI R 42/10) und damit schon ein Leck in die Staatshaushalte geschlagen. Mit den gestern veröffentlichten Urteilen vom 28. Juli 2011 (VI R 38/10 und VI R 7/10) hat er noch eins drauf gesetzt und erneut für eine Überraschung gesorgt, die sehr steuerzahlerfreundlich ist und Steuermindereinnahmen in Milliardenhöhe verursachen könnte: Die Kosten eines Erststudiums und einer Erstausbildung sind (doch) steuerlich absetzbar. Dies hatte er schon …
3. Juli 2011
BGH will keine zweite Meinung hören – Von der unerkannten Offenkundigkeit des EU-Rechts
Der BGH hat kürzlich eine neue Entscheidung zum Datenbankrecht veröffentlicht. Diese Entscheidung (Urteil vom 1. Dezember 2010 – I ZR 196/08 – „Zweite Zahnarztmeinung II“) scheint mir im Ergebnis richtig und auch gut begründet. Das macht sie besonders geeignet, um an ihrem Beispiel einen grundlegenden verfahrensrechtlichen Irrtum anzusprechen, der die Rechtsprechung, vor allem der obersten Bundesgerichte, durchzieht. Geeignet deshalb, weil man ja durch die Bemängelung von Verfahrensverstößen leicht in den Verdacht kommen kann, man führe einen Stellvertreterkrieg gegen die Entscheidung in der Sache, denn es sei diese, die einem in Wahrheit nicht schmecke. Den Rechtsstreit …