De legibus-Blog

10. März 2016

FDP und SPD: Aufruf zur Wahlfälschung?

Oliver García

Vor zwei Jahren gab es große Aufregung und viel Diskussion über den Fall des ZEIT-Chefredakteurs di Lorenzo, der – aufgrund rechtlicher Fehlvorstellungen – bei der damaligen Europawahl doppelt gewählt hatte. Handelte es sich damals um den Einzelfalls eines Irrtums, ist es um so erstaunlicher, daß im aktuellen Landtagswahlkampf von Baden-Württemberg Aktionen der FDP und SPD, die zu einer systematischen Wahlfälschung führen können, in den Medien nicht einmal im Ansatz kritisch gesehen, sondern eher als pfiffige Idee präsentiert werden.

„FDP wirbt um Berliner Schwaben“, berichtet SPIEGEL ONLINE. Mit großem Aufwand (Wahlplakate, Wahlvideo) versucht die FDP in Berlin Wähler zu mobilisieren. Auch die SPD Baden-Württemberg ist aktiv („Schwaben: Zu Hause vermissen wir eure Stimme“).

Machen sich durch diese Aktionen die Verantwortlichen der FDP Baden-Württemberg und SPD Baden-Württemberg nach § 111 i.V.m. § 107a StGB strafbar? Die angesprochenen Personen („Die FDP geht aber davon aus, dass insgesamt 300.000 Fortgezogene in der Hauptstadt leben. ‚Mit unserer Briefwahlkampagne wollen wir diese Menschen erreichen‘, sagt ein FDP-Sprecher.“) sind offensichtlich überwiegend nicht wahlberechtigt, da sie nicht gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LWG „bei mehreren Wohnungen ihre Hauptwohnung“ in Baden-Württemberg haben (Hauptwohnung ist die vorwiegend benutzte Wohnung des Einwohners, § 21 Abs. 2, § 22 BMG). Das Wahlrecht knüpft an die tatsächliche Wohnung an, nicht an die Erfüllung melderechtlicher Bestimmungen. Die wiederum an das Melderegister geknüpfte Eintragung in das Wählerverzeichnis begründet kein Wahlrecht, wenn es tatsächlich an der (Haupt-)Wohnung fehlt. Wer trotzdem (brief-)wählt, macht sich strafbar (BVerfG, Beschluß vom 30. März 1992 – 2 BvR 1269/91).

Die Parteistrategen waschen ihre Hände in Unschuld. Wahrscheinlich werden sie sich gegen den Verdacht einer Aufforderung zur Wahlfälschung erfolgreich verteidigen, daß sie nur die kleine Teilmenge der nach Berlin ausgewanderten Baden-Württemberger meinen, die dort noch nicht ganz eingerichtet sind und außerdem noch eine Wohnung in Baden-Württemberg haben. Die eigenverantwortliche Prüfung ihres Wahlrechts durch die Angesprochenen verstehe sich von selbst. Der Rest ist Augenzwinkern.

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