„ius est ars boni et aequi“ steht auf dem Portal des Oberlandesgerichts Hamburg gemeißelt. Die Praxistauglichkeit dieses Wahlspruchs der hamburgischen Justiz kann man derzeit nachprüfen. Behandelt die Staatsanwaltschaft Hamburg einen gleichartigen Verdacht auf die gleiche Straftat ex aequo, nach gleichem Maßstab? Die einmalige Gelegenheit, dies nahezu unter Laborbedingungen zu beobachten, bietet der Fall Gregor Gysi. Gegen Gysi wird in Hamburg wegen des Verdachts einer falschen Versicherung an Eides Statt ermittelt (Az. 7101 Js 10/13).
Vor zwei Wochen machte ich in dem Beitrag „Al Capone und Gregor Gysi“ eine Bemerkung über die Parallele zu dem Fall des Bischofs von Limburg, Franz-Peter Tebartz-van Elst, bei dem zumindest die objektiven Voraussetzungen einer Strafbarkeit wegen falscher Versicherung an Eides Statt klarer vorliegen als im Fall Gysi. Nicht nur belegen das Beweismittel, die der SPIEGEL veröffentlicht hat, sondern es liegt bereits eine zivilgerichtliche Entscheidung des LG Hamburg in diesem Sinne vor.
In einem Punkt lag ich allerdings in dem Beitrag falsch, nämlich in der Unterstellung, daß bei der Staatsanwaltschaft Hamburg bereits ein Strafverfahren gegen Tebartz-van Elst geführt würde. Das ergibt sich aus folgender Korrespondenz mit der Staatsanwaltschaft Hamburg:
Gesendet: | Mi 13.02.2013 11:15 |
Von: | gro.erujed@aicrag |
An: | ed.grubmah.zitsuj.ats@tfahcstlawnastaatS-elletstsoP |
z.Hd. Pressestelle
Sehr geehrter Herr Rinio,
wir sind ein juristischer Informationsdienst und betreiben eine Rechtsprechungsdatenbank. Wir haben – neben rund 800.000 weiteren Einträgen – etwa das bei Ihrer Behörde geführte Ermittlungsverfahren gegen Gregor Gysi entsprechend dem von Ihnen angegebenen Aktenzeichen aufgenommen (http://dejure.org/9999,42912).
Gerne aufnehmen würden wir auch das Ermittlungsverfahren gegen Franz-Peter Tebartz-van Elst aufgrund des Sachverhalts, über den in der Presse unter http://www.spiegel.de/spiegel/spiegelblog/bischof-von-limburg-ein-drama-in-fuenf-akten-a-879255.html berichtet wurde (hierzu auch http://blog.delegibus.com/3004, letzter Absatz).
Ich möchte Sie deshalb bitten, uns zur Vervollständigung unserer Rechtsprechungsdatenbank das Aktenzeichen dieses Verfahrens mitzuteilen.
Mit freundlichen Grüßen,
Oliver García
dejure.org GmbH
Gesendet: | Do 14.02.2013 11:05 |
Von: | ***@sta.justiz.hamburg.de |
An: | gro.erujed@aicrag |
Sehr geehrter Herr Garcia,
ein derartiges Verfahren ist bei der Staatsanwaltschaft Hamburg bislang nicht verzeichnet.
Mit freundlichen Grüßen
Carsten Rinio
Staatsanwalt
Generalstaatsanwaltschaft Hamburg
Gesendet: | Fr 15.02.2013 09:39 |
Von: | ed.aicr@g |
An: | ***@sta.justiz.hamburg.de |
Sehr geehrter Herr Rinio,
haben Sie vielen Dank für Ihre Antwort. Ihre Mitteilung erledigt bis auf weiteres meine ursprüngliche Anfrage, hat aber nunmehr mein Interesse als Blogger geweckt. Für einen etwaigen Beitrag möchte ich Sie bitten, zu folgenden Fragen Stellung zu nehmen:
1. Führt die Staatsanwaltschaft Hamburg deshalb kein Ermittlungsverfahren gegen Franz-Peter Tebartz-van Elst, weil ihr der vom SPIEGEL veröffentlichte Fall [http://www.spiegel.de/spiegel/spiegelblog/bischof-von-limburg-ein-drama-in-fuenf-akten-a-879255.html] bislang nicht bekannt war oder aus anderen Gründen?
2. Laut Ihrer Mitteilung gegenüber der Presse geht die Einleitung eines Ermittlungsverfahren gegen Gregor Gysi auf die Anzeige eines früheren Richters zurück. Gemäß § 160 Abs. 1 StPO ist für ein Tätigwerden der Staatsanwaltschaft im Sinne gleichrangiger Alternativen Voraussetzung, daß sie durch eine Anzeige oder auf anderem Wege von dem Verdacht einer Straftat Kenntnis erhält. Werden bei der Staatsanwaltschaft Hamburg Fälle letzterer Art anders bearbeitet als Fälle einer Anzeige (von Nr. 9, 89 RiStBV abgesehen)?
3. Ist der Staatsanwaltschaft aufgrund meiner Aktenzeichenanfrage vom 13. Februar 2013 der Fall im Sinne von § 160 Abs. 1 Alt. 2 StPO bekannt geworden?
Mit freundlichen Grüßen,
Oliver García
Eine Antwort auf diese letzte Anfrage steht noch aus. Sobald sie eingeht, wird sie hier nachgetragen.