De legibus-Blog

19. September 2021

Übersehener Paragraph im Scherbengericht – Acht Jahre Pech

Oliver García

Inhaltsverzeichnis Einleitung Die Sache mit der Richteranklage Die Sache mit dem Berufsverbot Die Sache mit der Gesinnungsjustiz Die Sache mit dem Rassismus Der Bundestagsabgeordnete Thomas Seitz (AfD) ist kein Staatsanwalt mehr. Auch kein sonstiger Beamter. Er ist (beruflich) gar nichts mehr. Das baden-württembergische Richterdienstgericht hatte ihn am 19. September 2018 (RDG 1/17) aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Mit Urteil vom 18. März 2021 (DGH 2/19; die schriftlichen Gründe wurden erst Ende Juni fertiggestellt) hat der Dienstgerichtshof (DGH) diese Entscheidung zweitinstanzlich bestätigt. Die Revision zum Dienstgericht des Bundes hat er nicht zugelassen. Seitz hätte noch die Möglichkeit …

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25. April 2014

Anwaltliches Mahnschreiben: Strafbarkeit wegen Nötigung aufgrund eines Rechtschreibfehlers?

Thomas Fuchs

Wir haben seit kurzem eine löbliche Debatte (Thomas Fischer hat das Wort nicht gefallen) darüber, Tatbestand und Rechtsfolge der noch aus dem dritten Reich stammenden, nach der Tätertypenlehre ausgestalteten Vorschriften des Strafgesetzbuchs über Tötigungsdelikte zu überarbeiten. Dass etwas getan werden muss, ist dabei inzwischen beschlossene Sache. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Nötigung durch ein anwaltliches Mahnschreiben (BGH, Beschluss vom 5. September 2013 – 1 StR 162/13) gibt mir Anlass, ausgehend von der zarten Aufbruchsstimmung einmal darauf hinzuweisen, dass die §§ 211, 212 StGB nicht die einzigen schon auf den ersten Blick nach wie vor braun …

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11. September 2011

Worte kosten kein Geld

Thomas Fuchs

Der Begriff des Honorars stammt vom lateinischen honorarium, was in der deutschen Sprache überlicherweise mit „Ehrensold“ übersetzt wird. Ein solcher Ehrensold ist nach traditionellem Verständnis seiner Höhe nach nicht primär an der Dienstleistung und ihrem Aufwand oder an dem wirtschaftlichen Marktwert der erzeugten ideellen Güter bemessen, sondern wird dem geistig Schaffenden im Bewusstsein der Unbezahlbarkeit überreicht (Matthias Kilian, Die Vergütung des Rechtsanwalts, in: Anwälte und ihre Geschichte. Zum 140. Gründungsjahr des Deutschen Anwaltvereins, Tübingen 2011, S. 701 [702]). Die mit vereinbarten Stundenhonoraren verbundenen unterschiedlichen Erwartungshaltungen können mitunter zu besonders heftigen Streitigkeiten führen. Die hierzu zuletzt …

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6. August 2011

Irgendein Professor über das Verhältnis zwischen Anwaltschaft und Rechtswissenschaft nach 1945

Thomas Fuchs

Vor kurzem habe ich auf die vom Deutschen Anwaltverein herausgegebene Festschrift „Anwälte und ihre Geschichte. Zum 140. Gründungsjahr des Deutschen Anwaltvereins“, Tübingen 2011, aufmerksam gemacht. Die FAZ hat mit einer Rezension nachgezogen. Heute will ich einmal auf den in der Festschrift enthaltenen Beitrag von Louis Pahlow, „Anwaltschaft und Rechtswissenschaft nach 1945“, S. 355—368, eingehen. Dieser hat mir die Freude an dem beeindruckenden Gemeinschaftswerk nämlich nachhaltig vermiest. Pahlow beklagt sich in seinem Beitrag insgesamt darüber, dass „die Literatur der Anwaltschaft“ gegen eine tiefe Verwurzelung ihrer Autoren in der Rechtswissenschaft spreche (S. 362). Pahlow stürzt sich zur …

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2. April 2011

Der Fall Lucas, der zu einem Fall Junggeburth wurde

Oliver García

Alle juristischen Blogs sind voll davon und auch die Tagespresse berichtet – zu Recht: Bis gestern stand Rechtsanwalt Stephan Lucas als Angeklagter vor dem Landgericht Augsburg (Az. 3 KLs 400 Js 116928/08). Er soll Strafvereitelung begangen haben. Es handelt sich um einen veritablen Justizskandal, mit der Besonderheit, daß er nicht „von unten nach oben“ ging, nicht mit einer Entscheidung des BGH seinen Abschluß fand, sondern umgekehrt „von oben nach unten“, beim BGH begann und – mit der Staatsanwaltschaft Augsburg als Zwischenstation – beim dortigen Landgericht seinen (vorläufigen?) Höhepunkt hatte. Was war geschehen? Strafverteidiger Lucas hatte …

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27. November 2010

Bundesgerichtshof watscht Oberlandesgericht Düsseldorf erneut wegen Verteidigerhonorar ab

Thomas Fuchs

Mein erster Blog-Beitrag handelte von Neid und Missgunst am Oberlandesgericht Düsseldorf. Der dortige 24. Zivilsenat hatte sich angemaßt, die frei vereinbare Honorarform, den nur 28 % über dem Durchschnitt liegenden vereinbarten Stundensatz und die tatsächliche Bearbeitungszeit eines Strafverteidigers zu kritisieren. Und das geschah wohlgemerkt bereits im zweiten Durchgang, also nachdem der Bundesgerichtshof das erste Berufungsurteil aufgehoben hatte. Nunmehr liegt die zweite Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs vor. Darin geht der IX. Zivilsenat in seiner Kritik sogar noch weiter. Es kommt mit Rücksicht auf den Beibringungsgrundsatz nicht einmal auf die Wirksamkeit der Klausel über den Zeittakt von 15 …

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20. Juni 2010

Rechtsanwälte als Ritter des Rechts

Thomas Fuchs

Es steht schon im Codex Iustinianus Buch II, Titel VII, Abschnitt XIV (C. 2, 7, 14): Advocati, qui dirimunt ambigua fata causarum suaeque defensionis viribus in rebus saepe publicis ac privatis lapsa erigunt, fatigata reparant, non minus provident humano generi, quam si proeliis atque vulneribus patriam parentesque salvarent. Nec enim solos nostro imperio militare credimus illos, qui gladiis clupeis et thoracibus nituntur, sed etiam advocatos: militant namque causarum patroni, qui gloriosae vocis confisi munimine laborantium spem vitam et posteros defendunt. Freie Übersetzung: Anwälte, die während eines Rechtsstreits zweideutige Fragen auflösen und die kraft ihrer Fürsprache …

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11. Juni 2010

Neid und Missgunst am Oberlandesgericht Düsseldorf

Thomas Fuchs

Die Richter des 24. Zivilsenats am Oberlandesgericht Düsseldorf müssen eine Regelung wie § 8 der Reichskammergerichtsordnung vom 7. August 1495 vor Augen gehabt haben, als sie am 18. Februar 2010 einem Strafverteidiger die vereinbarte Vergütung kürzten (OLG Düsseldorf, Urteil vom 18. Februar 2010 – I-24 U 183/05): „Item damit auch der gemain Man unbillicher Weis durch Advocaten und Redner nit beswert werd, so söllen Camerrichter und Urtailer zu ermessen haben, was nach Gestalt der Sach und Parthey sol von yeder gegeben werden.“ Vereinbart war eine Vergütung nach Zeitaufwand mit einem Stundensatz von 230,08 € netto. …

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