Eine kuriose Gemeinsamkeit der meisten Personen im Stück Mollath ist, daß sie Mehrfachauftritte haben. Etwa Richter Otto Brixner (Teil 1 dieser Beitragsserie): Zwei Jahre bevor Mollath vor seiner Kammer als Angeklagter stand, hatte diese Kammer eine Beschwerde Mollaths als unzulässig verworfen. Aufgrund dieser beiläufigen Befassung hielt Brixner sich vier Monate darauf für die geeignete Person, der Steuerfahndung Auskunft über die Verläßlichkeit des Anzeigeerstatters Mollath zu geben. Oder der Psychiater Klaus Leipziger (Teil 2): Er bringt es gar auf die Zahl von drei entscheidenden Auftritten. Sein Kollege Michael Wörthmüller schien da nicht zurückstehen zu wollen. Von ihm waren zunächst nur zwei Auftritte bekannt (der Gutachtenauftrag, der mit seiner Abberufung wegen Befangenheit endete, und seine Rolle bei der Verhaftung Mollaths). Bis die Nürnberger Nachrichten am letzten Donnerstag von einem weiteren Puzzleteil im Fall Mollath berichteten: Wörthmüller hatte am Verhandlungstag gegen Mollath, in einer Sitzungspause, Richter Brixner aufgesucht und ihm „in Worten und Gesten deutlich zu verstehen gegeben […], dass Mollath psychisch gestört sei“. So war es Wörthmüller gelungen, sich noch einmal in die Handlung einzuschalten und mit Leipziger zahlenmäßig gleichzuziehen.
Justizministerin Beate Merk (Teil 3) war schon vor diesen beiden Psychiatern mit Mollath befaßt: Ihr Ministerium erhielt Anfang 2004 Eingaben von Mollath, die sich auf die Bearbeitung von dessen Schwarzgeldanzeige durch die Staatsanwaltschaft bezogen. Das Ministerium forderte daraufhin von der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth einen Bericht an. Dort hatte man es jedoch nicht eilig damit, dem Ministerium zu antworten, sondern ließ sich sechs Wochen Zeit, während derer die Nichteröffnung eines Ermittlungsverfahrens verfügt und dem Anzeigeerstatter mitgeteilt wurde.
Merk ist nicht die einzige, die eine zeitlich so weitgespannte Mehrfachbeteiligung am Fall Mollath vorzuweisen hat. Da ist etwa noch RiAG Alfred Huber, der den Zug der Psychiatrisierung Mollaths überhaupt erst aufs juristische Gleis gestellt hat, indem er – beeinflußt von einem Ferngutachten aus Wörthmüllers Bezirkskrankenhaus, das Mollaths Frau ihm gefaxt hatte – eine psychiatrische Untersuchung des Angeklagten anordnete. Huber war aber bald dieses Verfahrens ledig, da er in eine Zivilabteilung des Amtsgerichts wechselte und sein Dezernat von RiAG Armin Eberl übernommen wurde. Kurz darauf ging er zur Staatsanwaltschaft, wo er heute noch tätig ist. Und wie es der Zufall will, gab er Ende 2012 in seiner Eigenschaft als stellvertretender Pressesprecher eine Auskunft zum Fall Mollath.
Heute darf Huber keine Auskünfte zu diesem Fall mehr geben, denn sein oberster Vorgesetzter innerhalb der staatsanwaltschaftlichen Hierarchie, der Generalstaatsanwalt Hasso Nerlich, hat diese Aufgabe inzwischen persönlich übernommen („Auskünfte erteile künftig nur noch er selbst, betont Nerlich.“). Nerlichs eigene Mehrfachbeteiligung ist ebenfalls weitgespannt. Im Jahr 2004 war Nerlich Präsident des Amtsgerichts Nürnberg und Mollath wandte sich damals an ihn, mit Schreiben vom 5. August 2004 und einem weiteren vom 23. September 2004. Unter Verweis auf § 158 Abs. 1 StPO, wonach Strafanzeigen bei den Amtsgerichten angebracht werden können, schilderte Mollath im ersten Schreiben eindringlich, daß er Opfer mehrerer Straftaten geworden sei. Diese seien alle darauf zurückzuführen, daß seine geschiedene Frau und ihr nahestehende Personen versuchten, ihn „unter Druck zu setzen und am besten mundtot zu machen“. Ein Schreiben, das mit diesen Worten eingeleitet wird, mag bei einem Leser ohne Kenntnis weiterer Zusammenhänge die Assoziationen „Verschwörungstheorie“ und „Paranoiker“ auslösen. Ein solcher Leser könnte dann so voreingenommen sein, daß er nicht erkennt, daß die konkreten Sachverhaltsdarstellungen, die folgen, in sich schlüssig und nachprüfbar sind (etwa aufgrund der Benennung von Zeugen).
Daß Nerlich mit den Schreiben Mollaths unsachgemäß umgegangen wäre, ist nicht bekannt und auch nicht wahrscheinlich. Er dürfte sie an die zuständige Staatsanwaltschaft weitergeleitet und hiervon dem Absender Nachricht gegeben haben. Mehr ist von einem Amtsgerichtspräsidenten nicht zu verlangen. Eine andere Frage ist, ob sich durch diesen ersten Kontakt bei Nerlich die Vorstellung festgesetzt hatte, bei Mollath handele es sich um einen „Spinner“. Achteinhalb Jahre später, am letzten Donnerstag, beantragten zwei Fraktionen im Rechtsausschuß des Bayerischen Landtags, daß das Justizministerium den nunmehrigen Generalstaatsanwalt Nerlich wegen Befangenheit vom Fall Mollath abziehen solle. Sie machten unter anderem geltend, Nerlich habe Mollath in den letzten Monaten als „wirren Charakter“ hingestellt.
Der Antrag hat keine Mehrheit bekommen, doch auf kuriose Weise war er doch erfolgreich: Das Ministerium hatte aus dem Antrag, bevor über ihn beraten und abgestimmt wurde, die Luft gelassen. Er war gestellt worden, weil sich die Anzeichen mehrten, der Generalstaatsanwalt würde den von der Staatsanwaltschaft Regensburg vorbereiten Wiederaufnahmeantrag stoppen. Ein Wiederaufnahmeantrag, in dem Fehler der Justiz ausgebreitet werden oder gar einem Richter Rechtsbeugung vorgeworfen wird – das wäre in der Tat für Nerlich starker Tobak. Der Generalstaatsanwalt war bereits letztes Jahr einer Staatsanwaltschaft in den Arm gefallen, als diese einen Oberstaatsanwalt wegen einer Straftat im Amt verfolgen wollte.
Der Befürchtung aus der Opposition, Nerlich könnte aus sachfremden Erwägungen heraus die Staatsanwaltschaft Regensburg anweisen, den Wiederaufnahmeantrag nicht zu stellen, half das Ministerium ab, indem es in derselben Sitzung des Rechtsausschusses erklärte, daß die Staatsanwalt diesen Antrag stellen werde. Dem in der Sitzung anwesenden Nerlich war nicht einmal mehr vergönnt worden, diese Entscheidung selbst bekannt zu geben (obwohl er doch die Öffentlichkeitsarbeit im Fall Mollath gerade noch an sich gezogen hatte). Sie wurde verkündet von Helmut Seitz, dem Leiter der Strafrechtsabteilung im Justizministerium. Offensichtlich hatte das Ministerium Nerlich die Entscheidung aus der Hand genommen. Ob die darin zugleich liegende Weisung an Nerlich, sich nicht querzulegen, als zweiter Fall einer Weisung an die Staatsanwalt in der über neunjährigen Amtszeit Beate Merks ebenso schriftlich niedergelegt worden ist wie im ersten Fall (worauf Merk Wert legte), ist nicht bekannt. Auch nicht, ob dieses neuerliche Einschreiten des Ministeriums erforderlich war, weil Nerlich drauf und dran war, „offensichtlich gegen das Recht zu verstoßen“ (so nach Merks Erklärung gegenüber dem Landtag die Voraussetzung für eine Weisung).
Vielleicht lag es nur an dieser Entscheidung des Ministeriums, daß es den SPD-Abgeordneten – möglicherweise sogar einigen CSU-Abgeordneten – im Ausschuß leicht fiel, gegen das „Nerlich-Mißtrauensvotum“ zu stimmen.
Daß Nerlich letztlich vom Ministerium die Sache Mollath aus der Hand genommen wurde, dürfte durchaus auch die Folge seiner unglücklichen öffentlichen Äußerungen in dieser Sache gewesen sein, etwa in seinen Pressemitteilungen von Ende November 2012. Man nehme nur seine Äußerung vom 27. November 2012:
Aufgrund der zum Teil einseitigen Medienberichterstattung in der Sache Mollath droht das Vertrauen in die Justiz Schaden zu nehmen. Die Justiz hat sich in dieser Angelegenheit stets um optimale Aufklärung bemüht.
Es ist darüber gespottet worden, daß er sich dabei einer wenig schmeichelhaften Wendung aus der Codesprache für Arbeitszeugnisse bediente. Doch wahrscheinlich handelte es sich gar nicht um einen Lapsus und Nerlich wollte genau das signalisieren: Es ist vieles nicht richtig gelaufen im Fall Mollath, aber der gute Wille – immerhin der – war da.
Nur: Auch in dieser abgemilderten Form ist diese Aussage so falsch, daß man sich fragen muß, ob sie auf Inkompetenz oder auf Unwissen beruhte. Wenn Nerlich tatsächlich die Akte Mollath gelesen hatte, bevor er sich äußerte, die Justiz habe sich stets um optimale Aufklärung bemüht, dann steht seine fachliche Kompetenz für das Amt eines Generalstaatsanwalt in Frage. Denn wenn eines aus den Akten hervorgeht, dann dies, daß alle Sicherungen für ein auch nur einigermaßen rechtsstaatliches Verfahren versagt haben.
Aber auch wenn man nur die lückenhaften Informationen hat, die – sei es durch den Unterstützerkreis, die Presse oder nun auch die Verteidigung – öffentlich gemacht wurden, steht eines fest: Gleich an welcher Stelle man in den Fall Mollath hineingreift, man kommt nahezu immer mit einer Handvoll Rechtswidrigkeit heraus. Prof. Henning Ernst Müller schreibt:
Die Strafsache Mollath ist eine bisher von mir nie gesehene Ansammlung von vorsätzlichen Gesetzesverletzungen, gravierenden Verfahrensfehlern, gepaart mit schweren Verteidigungsfehlern und Versagen von kontrollierenden Instanzen.
Die Behandlung Mollaths durch die Justiz war sozusagen – technisch gesprochen – „mehrfach redundant rechtswidrig“. Wäre die eine oder andere Rechtswidrigkeit unterblieben, es bliebe immer noch genug zurück, um den Umgang mit Mollath insgesamt als rechtswidrig zu bezeichnen. Sogar die Staatsanwaltschaft protestierte an einer Stelle des Verfahrens gegen eine Rechtsverweigerung, die Mollath durch den Vorsitzenden Richter Brixner erfuhr. Der Protest war erfolglos. Während allerdings in Bayern Zeugen durchaus innerprozessualen Drohungen mit Strafverfahren ausgesetzt werden, fiel es ihr im vorliegenden Fall einer erkannten klaren Rechtswidrigkeit nicht ein, rechtmäßige Zustände herzustellen, indem sie Brixner ein Verfahren wegen Rechtsbeugung androhte*. Die in Bayern in äußerstem Grade praktizierte Durchlässigkeit der richterlichen und staatsanwaltlichen Laufbahnen schafft nun einmal ein einheitliches Korps, dessen Korpsgeist dies auszuschließen scheint.
Ist also die Aussage, daß sich die Justiz im Fall Mollath stets um optimale Aufklärung bemüht habe, bei Aktenkenntnis seriöserweise unhaltbar und will man Nerlich seine Befähigung für eine staatsanwaltliche Tätigkeit nicht absprechen, bleibt die Möglichkeit, daß er diese Aussage ohne Kenntnis des Falles, also blind getroffen hat. Das würde bedeuten, daß er die Äußerung aus dem Vorverständnis tat, es könnte gar nicht vorkommen, daß in seinem Zuständigkeitsbereich die Justiz einen Fehler macht. Und daß er den Gesetzgeber, der die Wiederaufnahmevorschrift des § 359 StPO für diesen Fall geschaffen hat, für einen weltfremden Gesetzgeber hält.
Eine solche Haltung würde in umgestülpter Form genau dem entsprechen, was aus der Justiz heraus (und von denen, die im Fall Mollath die Justiz in Schutz nehmen) an der Diskussion im Fall Mollath kritisiert wurde: Die Diskussion sei unerhört, weil sie einen „Generalverdacht“ gegen die Justiz darstelle. Eine Haltung Nerlichs, die Justiz ohne Kenntnis des Falles blind zu verteidigen, wäre nichts weiter als ein „General-Nichtverdacht“. Sie wäre die Weigerung, Anhaltspunkten für Fehler auch nur nachzugehen.
Aus dem Wildwuchs an Ungerechtigkeiten, die sich im Fall Mollath zugetragen haben, sei nur eine herausgegriffen, die für das Wiederaufnahmeverfahren keine Bedeutung hat, aber doch bezeichnend ist.
Nerlich äußerte sich im Rechtsausschuß des Landtags am 6. Dezember 2012 zur Schwarzgeldanzeige Mollaths so:
Diese Anzeige, die ihm mit dem Verteiler vorliege, habe zu Recht nicht zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens geführt, weil darin Pauschalbehauptungen ohne Nennung konkreter Tatsachen aufgestellt worden seien. Die Behauptung „meine Frau verschiebt Schwarzgeld“ sei eine Pauschalbehauptung. Diese Behauptung müsse mit Fakten hinterlegt werden.
Justizministerin Merk hatte bereits zuvor, am 14. November 2012, die Berechtigung der Nichteinleitung eines Ermittlungsverfahrens gerechtfertigt und sie sogar – vor dem Plenum des Landtags – mit dem Verweis auf eine strafrechtliche Haftung unterfüttert:
Ich habe Ihnen erläutert, dass die Staatsanwaltschaft nur ermitteln darf, wenn sie einen Anfangsverdacht hat. Wenn sie ohne Anfangsverdacht ermittelt, macht sie sich strafbar.
Die Anzeige Mollaths – eines Anzeigeerstatters mit wertvollem Insiderwissen, wie Anfang 2003 die Hypovereinsbank in ihrem Sonderrevisionsbericht festhielt – war also nicht ausreichend, Ermittlungen aufzunehmen. Die Namen und Vorgänge, die er nannte, waren nicht konkret genug. Seine Hinweise genügten nicht einmal dafür, daß die Staatsanwaltschaft oder die Steuerfahndung Mollath zu einer Vernehmung einluden, um ihn zu bitten, seine Anzeige in den Punkten zu konkretisieren, wo es nötig war, um ermitteln zu können. Es ging keineswegs darum, schon aufgrund einer dünnen Anzeige etwa Hausdurchsuchungen bei den Betroffenen durchzuführen, wie Merk später suggerierte. Es hätte schon gereicht, durch Prüfungen im Hintergrund zu verifizieren, ob etwas an den Anschuldigungen dran ist. Daß dies zum Erfolg geführt hätte, wird heute dadurch belegt, daß nicht nur aufgrund der Mollath-Anzeige mit neunjähriger Verspätung nunmehr Ermittlungsverfahren laufen, sondern nun auch Betroffene den Weg der Selbstanzeige gewählt haben.
Auf der anderen Seite der Ehekriegs-Front galten aber offenbar nicht dieselben Kriterien, wie mit einer Strafanzeige umgegangen wurde: Die Ehefrau Mollaths mußte lediglich bei der Polizei angeben, ihr Mann (der in der Nürnberger Friedensbewegung engagiert war) würde in seinem Haus ein Waffenlager unterhalten, und erreichte so, daß Mollath mit massivsten Maßnahmen der Staatsgewalt überzogen wurde: Am 19. Februar 2003 durchsuchen 12 Polizeibeamte bewaffnet und mit kugelsicheren Westen sein Haus, nehmen es auseinander, finden nichts und lassen Mollath ratlos zurück (Einzelheiten). Hier wurde der Grundstein gelegt dafür, daß sich Mollath verfolgt fühlte – aber es war kein Wahn, sondern die Wirklichkeit: Die Staatsgewalt verfolgte – strafverfolgte – ihn, in den Bahnen scheinbarer Legalität und gesteuert von seiner Ehefrau, die bald seine Ex-Frau sein würde.
Es hatte alles seine Ordnung: Den richterlichen Durchsuchungsbefehl hatte am 31. Januar 2003 Richterin am Amtsgericht Susanne Krischker auf Antrag der Staatsanwaltschaft erlassen. Wenn aber die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen Mollath aufgrund einer dünnen Behauptung seiner Ehefrau nach den Maßstäben, die Nerlich und Merk aufstellten, nicht zulässig war, wo blieben dann die Strafverfahren gegen Staatsanwalt und Richterin wegen Verfolgung Unschuldiger? Entgegen der markigen Aussage von Merk im Landtag wurden keine Strafverfahren gegen diese Justizangehörigen eingeleitet**. Sie machten statt dessen ihren Weg weiter. Krischker ist mittlerweile von Merk zur Vorsitzenden Richterin am Landgericht befördert worden.
Die offenbar haltlose Hausdurchsuchung bei Mollath war einer der Punkte, über die er sich im genannten Schreiben vom 5. August 2004 beim Amtsgerichtspräsidenten Nerlich beschwerte. Hätte Nerlich nicht, wenn es nach seiner jetzigen Rechtsauffassung ging, hellhörig werden müssen und im Rahmen seiner disziplinarrechtlichen Vorgesetztenstellung gegenüber Richterin Krischker prüfen müssen, ob in ihrem Dezernat die ermittlungsrichterliche Tätigkeit mit der Sorgfalt ausgeübt wurde, die das Gesetz und das Bundesverfassungsgericht fordern? Eine solche Prüfung obliegt gegebenenfalls, ohne daß sie ein Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit wäre, einem Gerichtspräsidenten. In einem Fall, der sich kürzlich an einem anderen bayerischen Amtsgericht zutrug, mußte eine Richterin sogar gegenüber dem Justizministerium Rechenschaft darüber ablegen, was es mit der angeblichen organisatorischen Unmöglichkeit auf sich hat, die Vorgaben des Bundesverfassungsgericht im ermittlungsrichterlichen Betrieb einzuhalten, von der sie in einer mündlichen Urteilsbegründung gesprochen hatte: das Bundesverfassungsgericht habe „keine Ahnung von der Realität“.
Immerhin befindet sich also Mollath, mit seinem Wahn, bei solchen Zuständen der bayerischen Justiz in guter Gesellschaft.
Nachtrag vom 12. März 2013
* Selbstverständlich meine ich nicht, daß die Staatsanwaltschaft die ihr obliegende Kontrolle der richtigen Rechtsanwendung (vgl. BGH, Urteil vom 28. Januar 2003 – 5 StR 378/02) im Normalfall dadurch ausüben sollte, daß sie dem Richter mit Strafverfolgung droht. Ich beziehe mich hier konkret auf den Fall Mollath, in dem nun der Wiederaufnahmeantrag der Verteidigung – und demnächst wohl auch der Staatsanwaltschaft – auf den Wiederaufnahmegrund der Rechtsbeugung gestützt wird. Verallgemeinerungsfähig ist aber die Vermutung, daß der genannte Korpsgeist oft verhindern dürfte, daß der Staatsanwalt gegenüber dem Richter (und umgekehrt!) seine Position so energisch vertritt, wie er es gegenüber anderen Verfahrensbeteiligten praktiziert. Die angesprochene personelle Durchlässigkeit zwischen Staatsanwaltschaft und Richterschaft wird im vorliegenden Fall übrigens dadurch augenfällig gemacht, daß der Generalstaatsanwalt seine Erklärungen durch einen Richter am Oberlandesgericht als „Justizpressesprecher“ abgibt. Man übertrage dies nur auf eine andere Paarung von Rechtspflegeorganen und stelle sich vor, die Rechtsanwaltskammer und die Staatsanwaltschaft beschäftigten einen gemeinsamen Pressesprecher.
** Mit dieser Überlegung ist keinesfalls gemeint, es lägen Anhaltspunkte dafür vor, daß sich hier Staatsanwalt und Richterin strafbar gemacht hätten. Sie zielt umgekehrt darauf, die Behauptung der Justizministerin ad absurdum zu führen, im Fall der Schwarzgeldanzeigen von Mollath hätte sich die Staatsanwältin strafbar gemacht, wenn sie (Vor-)Ermittlungen eingeleitet hätte (vgl. nur OLG Düsseldorf, Urteil vom 27. April 2005 – 15 U 98/03). Eine andere Frage ist, ob der Durchsuchungsbeschluß, gemessen an den Anforderungen des BVerfG, rechtmäßig war. Diese Frage stellt sich gerade auch angesichts der zitierten Meinung einer anderen Amtsrichterin, daß diese Anforderungen in der Praxis nicht eingehalten werden könnten.
[…] den Fall Mollath, […]
Pingback von Wochenspiegel für die 11 KW., das war(en) 12 Mio € Entschädigung, riskantes Heiraten und Humor am Freitag - JURION Strafrecht Blog — 17. März 2013 @ 11:09