In Baden-Württemberg wird geprüft, ob gerade ein Sturm im Wasserglas das Potential zum Justizskandal hat: Es geht um die Besetzung des Amtes des Präsidenten des OLG Stuttgart. Um zu verstehen, dass hier entgegen manch schwerer verbaler Geschütze nur politische Peinlichkeiten im Raum stehen, aber keinerlei Unabhängigkeitsproblematik der dritten Gewalt, muss man sich das Verfahren zur Richterbestellung in Baden-Württemberg vergegenwärtigen. Exekutive Personalherrschaft über die deutsche Justiz Die Übertragung von Richterämtern (außer bei den Verfassungsgerichten) wird im deutschen Justizsystem durch die Exekutive vorgenommen. Dies steht zwar nicht so ausdrücklich im Grundgesetz, war aber im Parlamentarischen Rat ein …
14. August 2022
Die richterliche Unabhängigkeit zwischen Verfassungswunsch, Rechtskultur und Verfassungswirklichkeit
Carsten Schütz
5. Dezember 2018
Law Wars Episode III: Der Gesetzgeber schlägt zurück
Carsten Schütz
Eine Prozesslawine hat die Sozialgerichtsbarkeit in der zweiten Novemberwoche 2018 überrollt. Der Grund: Die gesetzlichen Krankenkassen haben binnen weniger Tage zehntausende Klagen gegen Krankenhausträger anhängig gemacht wegen Rückforderungen vorgeblich zu Unrecht gezahlter Behandlungsvergütungen. Es dürfte sich nicht nur für die Sozialgerichtsbarkeit um ein singuläres Ereignis handeln, dessen Hintergründe keineswegs evident sind – sie lassen sich aber mit einer gewissen Plausibilität rekonstruieren. Zum Verständnis der gesamten Problematik ist die Kenntnis einiger Parameter der Vergütung stationärer Krankenhausbehandlungen in Deutschland wichtig: Die Fallpauschalen als Vergütungssystem der Krankenhäuser Im Jahr 2003 hat der Gesetzgeber im Krankenhausentgeltgesetz das australische System …
24. Oktober 2018
Der Tod steht ihr gut
Carsten Schütz
Im Kernschatten der hessischen Landtagswahl am kommenden Sonntag findet zugleich ein staatsorganisationsrechtlich ebenso seltener wie bemerkenswerter Akt statt: Das „Volk“, also gem. § 4 Abs. 1 des hessischen Gesetzes über Volksabstimmung die ca. 4,38 Millionen volljährigen Deutschen mit mindestens dreimonatigem Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt in Hessen, wird um seine Zustimmung zur umfangreichsten Änderung der Hessischen Verfassung (HV) seit ihrem Inkrafttreten am 1. Dezember 1946 gebeten. Erst sechsmal wurden die Hessen zu insgesamt neun verfassungsändernden Gesetzen an die Urne gerufen, zuletzt im Jahr 2011 zur Aufnahme einer landesrechtlichen Schuldenbremse. Die Notwendigkeit einer Volksabstimmung hat sicherlich neben …
25. Mai 2016
DIE ZEIT, die Wahrheit und der Justizskandal
Carsten Schütz
Äußerungen Medienkritik Zivilprozess
Medien und Justiz leben in einem schwierigen Verhältnis. Die Schnelllebigkeit der Welt des 21. Jahrhunderts verträgt sich kaum mit der Differenzierungsnotwendigkeit, die juristische Bewertungen praktisch ausnahmslos verlangen, wenn sie mit Anspruch auf Qualität vorgenommen werden sollen. Seriöse Berichterstattung mit Rechtsbezug setzt daher zu allererst das Interesse des Journalisten voraus, juristische Zusammenhänge wirklich kennenlernen und verstehen zu wollen, um dann die erforderliche Detailgenauigkeit zu praktizieren. Zahlreiche Gegenbeispiele belegen, dass es damit nicht weit her ist. Das „ceterum censeo“ Thomas Fischers in seiner wöchentlichen ZEIT-online-Kolumne über die Defizite der angeblichen Qualitätspresse greift zahlreiche Falschberichterstattungen auf. Urban Sandherr, …
15. April 2015
Dürfen Richter nicht (mehr) gründlich sein? (Teil 2)
Was der Dienstgerichtshof am kommenden Freitag beachten muss – und warum das alles eigentlich so wichtig ist
Carsten Schütz
Im ersten Teil meines Beitrags habe ich die tatsächlichen und verfahrensrechtlichen Rahmenbedingungen erläutert, vor denen nunmehr die Berufungsverhandlung in den von Richter am OLG Thomas Schulte-Kellinghaus gegen dienstaufsichtliche Maßnahmen der Präsidentin Prof. Dr. Christine Hügel angestrengten Prüfungsverfahren am kommenden Freitag, 17. April 2015, vor dem Dienstgerichtshof für Richter (DGH) des Landes Baden-Württemberg stattfinden wird. Bereits am 14. Februar 2014 war vom DGH eine Verhandlung anberaumt worden, die jedoch alsbald wegen eines Befangenheitsantrags von Schulte-Kellinghaus gegen sämtliche Mitglieder des DGH-Senats ohne Aussprache zur Sache endete. Die Befangenheitsgesuche wurden zurückgewiesen. Die Einzelheiten dieses Zwischenverfahrens sind nicht von …
6. April 2015
Dürfen Richter nicht (mehr) gründlich sein? (Teil 1)
Der Kampf um die richterliche Unabhängigkeit findet in Stuttgart statt
Carsten Schütz
Im Südwesten der Republik finden zurzeit Gerichtsverfahren statt, deren Umstände so facettenreich sind, dass sie sich einer verständlichen Darstellung unterhalb des Umfangs einer Dissertation entziehen dürften. Gleichwohl sind sie für die Zukunft der richterlichen Unabhängigkeit von so fundamentaler Bedeutung, dass der Versuch an dieser Stelle unternommen werden soll. Personalisiert man den Sachverhalt, so stehen sich der Richter am Oberlandesgericht Karlsruhe Thomas Schulte-Kellinghaus und die Präsidentin dieses Gerichts, Prof. Dr. Christine Hügel, gegenüber. Letztere hat im Jahr 2011/12 in ihrer Funktion als Dienstvorgesetzte eine Sonderprüfung des Dezernats von Schulte-Kellinghaus veranlasst, ihm zunächst in einem Vermerk und …