De legibus-Blog

16. Juni 2013

Nicht überraschend: Anspruchs-Denken, Wort-Klauberei und Klage-Abweisung

Oliver García

Es spricht das Sozialgericht München:

Den Begriff „Lebensmonate“ gebraucht das Gesetz [in § 4 BEEG] ohne Willkür. Wer die im abendländischen Kulturkreis weithin gebräuchliche Tradition pflegt, an sogenannten Geburtstagen die Vollendung von „Lebensjahren“ zu feiern, darf vom Begriff des „Lebensmonats“ nicht überrascht sein. Auch die Kinderheilkunde fragt bei der Prüfung kindlicher Entwicklungsschritte nicht nach Kalendermonaten, sondern nach Lebensmonaten. Wenn dieser Begriff nicht im „Duden“ vorkommt, dann deshalb, weil die Zahl der in der deutschen Sprache möglichen zusammengesetzten Substantive grenzenlos ist und die Aufnahme einzelner Beispiele in Wörterbücher nur dann sinnvoll ist, wenn solche Zusammensetzungen einen ganz speziellen Bedeutungsgehalt oder Namenscharakter erhalten haben. Diese sprachwissenschaftliche Erkenntnis ist so allgemein, dass das Gericht beispielsweise auch ohne nähere lexikalische Abklärung zusammengesetzte Begriffe wie „Anspruchsdenken“ oder „Wortklauberei“ verwenden könnte und auch darauf vertraut, dass der Begriff „Klageabweisung“ keine „Verständnisprobleme“ (alles und alles zusammengesetzte Wörter) aufwirft.

(SG München, Urteil vom 9. Oktober 2008 – S 30 EG 55/08)

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