De legibus-Blog

21. Juli 2010

Der Bund und die Kommunisten

Thomas Fuchs

Der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts, der es bereits kürzlich mit dem Grundgesetz nicht so genau nahm, als es darum ging, überwachungsstaatlichen Strukturen Vorschub zu leisten (Der Bund und die Hooligans), entschied am 21. Juli 2010 über die Klage von Bodo Ramelow, eines Parlamentsabgeordneten für die Partei Die Linke, mit der er sich gegen die Sammlung personenbezogener Informationen über ihn durch das Bundesamt für Verfassungsschutz wandte.

Nachdem der Kläger in beiden Vorinstanzen überwiegend Erfolg hatte, wurde die Revision der Bundesrepublik Deutschland vom Bundesverwaltungsgericht zugelassen, weil sie zur Beantwortung der Frage beitragen könne, inwieweit die Erhebung personenbezogener Daten über ein Mitglied des Deutschen Bundestages oder eines Landtages durch das Bundesamt für Verfassungsschutz zulässig ist, falls der betreffende Abgeordnete Mitglied und Spitzenfunktionär einer Partei ist, hinsichtlich derer tatsächliche Anhaltspunkte für gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG vorliegen (BVerwG, Termin am 21. Juli 2010 – 6 C 22.09).

Auf die Revision wies das Bundesverwaltungsgericht die Klage nunmehr ab. Dabei zog es sich darauf zurück, aus revisionsrechtlichen Gründen an die Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts gebunden gewesen zu sein, wonach tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen der Partei Die Linke vorlagen (BVerwG, Mitteilung vom 21. Juli 2010 – 64/10).

Darauf dürfte es jedenfalls in einer wesentlichen Frage nicht ankommen. Ich habe die 166 Randnummern umfassende Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts zwar nur überflogen, aber ausweislich der dort wiedergegebenen, ermüdenden Programmsätze der Kommunistischen Plattform der Partei Die Linke geht es wohl unter anderem darum, dass diese fordert(e), Produktionsmittel sollten Eigentum der gesamten Gesellschaft sein (OVG Münster, Urteil vom 13. Februar 2009 – 16 A 845/08, jurisRdnr. 3, 79).

Dies galt es nun unter § 1 Abs. 1 S. 1 Buchst. c BVerfSchG zu subsumieren. Im Sinn des Bundesverfassungsschutzgesetzes sind danach Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung solche politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, einen der in § 1 Abs. 2 BVerfSchG genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. § 1 Abs. 2 BVerfSchG lautet:

„Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes zählen:
   a) das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen,
   b) die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht,
   c) das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition,
   d) die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung,
   e) die Unabhängigkeit der Gerichte,
   f) der Ausschluß jeder Gewalt- und Willkürherrschaft und
   g) die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte.“

Mir fällt es schwer, einen Ansatzpunkt zu finden. Soll es etwa um ein Menschenrecht auf Privateigentum (das etwa in der Europäischen Menschenrechtskonvention aufgrund seiner Verlagerung in das erste Zusatzprotokoll nicht zum Kernbestand gehört) gehen? Sicherlich, das Eigentum und das Erbrecht werden nach Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG gewährleistet. Inhalt und Schranken werden nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG aber durch die Gesetze bestimmt. Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können dabei nach Art. 15 S. 1 GG zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden.

Das, was die Kommunistische Plattform der Partei Die Linke anstrebt, ist also vom wirtschaftspolitisch neutralen Grundgesetz ausdrücklich geschützt.

Zitiervorschlag für diesen Beitrag:
https://blog.delegibus.com/88

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