De legibus-Blog

11. Juni 2010

Neid und Missgunst am Oberlandesgericht Düsseldorf

Thomas Fuchs

Die Richter des 24. Zivilsenats am Oberlandesgericht Düsseldorf müssen eine Regelung wie § 8 der Reichskammergerichtsordnung vom 7. August 1495 vor Augen gehabt haben, als sie am 18. Februar 2010 einem Strafverteidiger die vereinbarte Vergütung kürzten (OLG Düsseldorf, Urteil vom 18. Februar 2010 – I-24 U 183/05):

„Item damit auch der gemain Man unbillicher Weis durch Advocaten und Redner nit beswert werd, so söllen Camerrichter und Urtailer zu ermessen haben, was nach Gestalt der Sach und Parthey sol von yeder gegeben werden.“

Vereinbart war eine Vergütung nach Zeitaufwand mit einem Stundensatz von 230,08 € netto. Der Strafverteidiger wendete jedenfalls 77,8 Stunden auf und rechnete dementsprechend 17.900,22 € netto ab.

Das erschien dem Senat als zuviel. Die Honorarform – Vergütung nach Zeitaufwand – sei im konkreten Fall zwar angemessen (Rdnr. 72). Der ausgehandelte Stundensatz sei aber auf den durchschnittlichen Stundensatz des Jahres 2005 von 180,00 € netto herabzusetzen (Rdnr. 73). Daran sei das Gericht auch nicht durch das Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer Hamm vom 5. Oktober 2009 gehindert (Rdnr. 74). Auch die bereits im Zusammenhang mit einer Zeittaktklausel bereinigte Bearbeitungszeit von 77,8 Stunden sei um ein Drittel zu kürzen (Rdnr. 76). Maßgeblich sei nicht die tatsächlich aufgewendete, sondern nur die bei der gebotenen Konzentration und Beschleunigung der Mandatsbearbeitung objektiv erforderliche Zeit (Rdnr. 78).

Mit der tatsächlich herangezogenen Rechtsgrundlage, § 3 Abs. 3 S. 1 BRAGO (jetzt: § 3a Abs. 2 S. 1 RVG), hat das nichts mehr zu tun:

„Ist eine vereinbarte oder von dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer festgesetzte Vergütung unter Berücksichtigung aller Umstände unangemessen hoch, so kann sie im Rechtsstreit auf den angemessenen Betrag bis zur Höhe der gesetzlichen Vergütung herabgesetzt werden.“

Wie kommen Zivilrichter, die selbst nie als Strafverteidiger tätig waren, dazu, die frei vereinbare Honorarform, den nur 28 % über dem Durchschnitt liegenden vereinbarten Stundensatz und die tatsächliche Bearbeitungszeit zu kritisieren? Es wird wohl daran liegen, dass ein Richter am Oberlandesgericht (Besoldungsstufe R 2, 45 Jahre, verheiratet, zwei Kinder) monatlich nur 5.624,26 € brutto verdient.

Zitiervorschlag für diesen Beitrag:
https://blog.delegibus.com/6

Rückverweis URL